TATA RONKHOLZ Fotografien 1978-1985
24. März - 29. April 2006

Aus dem bislang kaum einer größeren Öffentlichkeit gezeigten Nachlass der "Becher-Schülerin" Tata Ronkholz (1940-1997) zeigen wir in unserer Galerie Ausschnitte ihren wichtigen fotografischen Werkgruppen aus ihrer Schaffensperiode zwischen 1978 und 1985: "Trinkhallen", "Fabriktore" und "Düsseldorfer Rheinhafen" (gemeinsam mit Thomas Struth). Die Ausstellung präsentiert ausschliesslich von der Künstlerin zu Lebzeiten hergestellte, durch ihren Detailreichtum beeindruckende Vintage-Abzüge.

Tata Ronkholz wurde 1940 als Roswitha Tölle in Krefeld geboren und war, nach einem Studium der Architektur und Innenarchitektur an der dortigen Werkkunstschule, bis 1977 als freischaffende Produktdesignerin tätig. Nach ersten fotografischen Arbeiten in Form einer Serie von Aufnahmen von "Industrietoren" begann sie in dem selben Jahr ihr Studium an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf in der Fotoklasse von Prof. Bernd Becher. Dort zählte sie damit zur ersten Generation von Studenten der dokumentarisch ausgerichteten, später als "Becher-Klasse" oder "Becher-Schule" legendär gewordenen Gruppe um u.a. Candida Höfer, Axel Hütte, Thomas Ruff und Thomas Struth.

Die heute bekannteste Werkgruppe von Tata Ronkholz sind die zwischen 1978 und 1982 in Köln, Düsseldorf und diversen Ruhrgebietsstädten entstandenen Aufnahmen von "Trinkhallen": Kleine Kioske und Einzelhandelsgeschäfte, die als Zeitdokumente sozialer Nachbarschaften wie einer im besten Sinne proletarischen Alltagskultur vielerorts heute so nicht mehr existieren.

Mit Thomas Struth gemeinsam realisierte Tata Ronkholz zwischen 1978 und 1980/1981 die Dokumentation über den Düsseldorfer Rheinhafen, bevor dieser in den aktuellen Zustand umgewandelt wurde und viele Industriebauten komplett verschwanden. Struth und Ronkholz schafften so ein einzigartiges zeitgeschichtliches Dokument, welches von der Stadt Düsseldorf 1982 durch den Ankauf eines umfangreichen Konvolutes wertgeschätzt wurde.

Im Jahr 1979 war Ronkholz an der wegweisenden Ausstellung "In Deutschland" im Rheinischen Landesmuseum in Bonn beteiligt. Bereits 1985 beschloß Tata Ronkholz, ihre fotografische Tätigkeit zu beenden – also lange vor dem Aufkommen des boomhaften Interesses an Fotografie Anfang der 90er Jahre. Nach Tata Ronkholz´ frühem Tod 1997 bleibt in einzigartiger Form ihr kompletter Nachlass, der u.a. mehrere handschriftlich von ihr geführte Archivbücher, Negative, Kontaktbögen und annähernd zweitausend Vintage-Abzüge ihres gesamten Werkes umfasst, erhalten.

Nach Sichtung all dieser Materialien wird die Relevanz dieses Oeuvres deutlich: Tata Ronkholz war eine dokumentierende Sammlerin im Sinne von Atget, und folgte dem Becher´schen Prinzip der neutralen, vergleichbaren Aufnahme. Jedoch ging es ihr nicht um das Festhalten großer Monumente der Industriekultur: nach ihren Motiven suchte Tata Ronkholz an den Rändern der Arbeitswelt – bei den "Industrietoren" gar direkt an den Übergängen von Arbeits- und Freizeitsphäre. Die scheinbar verschroben-zufälligen Kombinationen von Zeitungstiteln und Werbetafeln an den feierabendlichen Arbeiter-Treffpunkten waren ihr letztlich ein spannenderes Zeugnis als das Dokumentieren ganzer Gebäudekomplexe. Der Zauber ihrer im heutigen Maßstab vergleichsweise kleinen Abzüge liegt in mehrfacher Hinsicht und wie so oft: im Detail.

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